Uwe Henneken

Ohne Titel, 2018
Aquarell auf Papier
29,7 x 21 cm
Unikat

Uwe Henneken. Always Returning

Ohne eine klare Lesart vorzugeben, gestattet der KĂŒnstler Uwe Henneken Einblicke in andere Dimensionen. DafĂŒr wĂ€hlt er hĂ€ufig das Motiv der Landschaft, wobei er auch auf das Repertoire der Kunst- und Kulturgeschichte zurĂŒckgreift. Besonders in seinen frĂŒhen Werken ab Ende der 1990er Jahre sind Symbolismus und Romantik wichtige Bezugspunkte.
In der romantischen Auffassung ĂŒber den Naturbegriff des 18. und frĂŒhen 19. Jahrhunderts wird der außermenschlichen Natur besondere Aufmerksamkeit zuteil. Im Fokus der Betrachtung stand die Frage nach dem Ursprung sozialer GefĂŒge. Der Natur wurden verborgene, rational nicht fassbare ZusammenhĂ€nge und Wechselwirkungen unterstellt.
Man begriff den Kosmos als Ganzes, der die Grenzen zwischen den ehemals entgegengesetzten Polen von Körperlichem und Spirituellem aufhebt. Innerhalb dieser Strömungen wurde die Landschaftsmalerei demzufolge weniger als Abbildung der Natur denn als Ausdruck emotionaler Regungen oder einer tieferen Wirklichkeit aufgefasst.
Auch Uwe Henneken versteht seine Naturdarstellungen als innere Landschaften. Diese sind bei ihm stark mit dem Aspekt des ‚Suchens‘ verbunden – nach einem tieferen Sinn oder nach etwas Verlorenem. Manchmal ist die Suche aber auch eine unbewusste; ein Zustand, den man vielleicht am besten mit dem Begriff ‚Sehnsucht‘ bezeichnen kann.

Die frĂŒhen Landschaften erscheinen dabei abendlĂ€ndisch geprĂ€gt. Die Stimmung befindet sich in der Schwebe. Dem Betrachter drĂ€ngt sich durch die intensive Farbigkeit und Motivik zunĂ€chst eine Idylle oder Leichtigkeit auf, die jedoch stets von einer unterschwelligen Bedrohung oder Beklemmung begleitet ist. Diese wird jedoch erst auf den zweiten Blick spĂŒrbar. Als Motiv finden sich darin wiederholt Kreis- und Ovalformen, die sich in unterschiedlichen Variationen durch Hennekens GemĂ€lde und Objekte ziehen. Diese Formen gelten, insbesondere der Kreis oder die Kugel, als universelles Sinnbild der Welt, spiegeln das Kosmische und dienen als Symbol des Ewigen. Hier wird der leitmotivische Grundgedanke des KĂŒnstlers sichtbar, der in seinen GemĂ€lden das Zyklische, Unendliche und die ewige Wiederkehr thematisiert und gleichsam befragt.

Hennekens Malerei visualisiert Momente des Übergangs zwischen verschiedenen Bewusstseinsebenen. Dabei scheinen seine Arbeiten einen Zugang zu RĂ€umen zu ermöglichen, die physisch nicht betretbar sind. Er offenbart Wege und AbgrĂŒnde ins unbekannte Nirgendwo, in dem menschenleere Zwischenorte ebenso zu finden sind wie mythologische Wesenheiten. Dies erreicht er vor allem durch seinen einzigartigen Umgang mit Farbe, durch die BeschĂ€ftigung mit kosmischen Energien, Meditation sowie der Auseinandersetzung mit spirituellen Zeremonien.
Die besondere Ästhetik des KĂŒnstlers erinnert an Traumlandschaften und lĂ€dt ein, die eigenen inneren Welten zu bereisen. Insbesondere die großformatigen LeinwĂ€nde Hennekens, die 2019 fĂŒr die Ausstellung Always Returning in der Kunsthalle Gießen entstanden sind, fĂŒhren in Dimensionen jenseits des uns Bekannten.
Konzeptuell steht Uwe Henneken hier dem ‚Magischen Realismus‘ nahe, der eine Verbindung von faktischer und metaphysischer RealitĂ€t darstellt. Er bildet gewissermaßen eine ‚dritte RealitĂ€t‘, die eine Synthese aus den gelĂ€ufigen Wahrnehmungssystemen ab.
Eine Theorie besagt, dass dem EuropĂ€er die FĂ€higkeit des Erlebens des wunderbar Wirklichen durch die AufklĂ€rung verloren gegangen sei, wĂ€hrend Mythen- und Geisterglaube zum Beispiel in Lateinamerika noch immer natĂŒrlich im Alltag integriert sind. Dem Autor des 1992 erschienen Buches Dreaming with Open Eyes Michael Tucker zufolge sind KĂŒnstler*innen gewissermaßen Nachfolger*innen von Schamanen, wenn beide als Vermittler zwischen verschiedenen ErfahrungsrĂ€umen auftreten. Kommunizieren Schamanen mit der Geisterwelt und schaffen so eine Verbindung zwischen Diesseits und Jenseits, vermögen KĂŒnstler*innen mit ihren Arbeiten die Grenzen zwischen innerem Erleben und Ă€ußerer Wahrnehmung zu ĂŒberschreiten.

Auch bei Uwe Henneken verbinden sich die Elemente des Kosmischen und Wunderbaren mit der faktischen RealitĂ€t. Dadurch entstehen Landschaften, die Grenzen zwischen RealitĂ€t und Phantasie, Volkskultur, Mythologie, Religion, Geschichte und Geographie ĂŒberwinden. Die GrĂ¶ĂŸe der neuen Werke mit ĂŒber 5,5 m Breite gestattet es dem Betrachter, die hier kreierten Welten buchstĂ€blich physisch zu erfahren.

Nadia Ismail

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Biografie

Uwe Henneken

Lebt und arbeitet in Berlin.
1974 geboren in Paderborn.

Einzelausstellungen (Auswahl)

2019 Stomping Ground, Krobath Wien, A.
Always Returning, Kunsthalle Gießen, D.
2018 LEAVES, CCA Andratx, E. Studies in Transfiguration with the project Beyond the Threshold and Back Again: An Introduction to the Hero’s Journey. A venture by Anders Dickson and Uwe Henneken, Galerie Gisela Capitain, Cologne, D.
2017 The teachings of the Transhistorical Flamingo, Pippy Houldsworth Gallery, London, GB. Transhistorical Flamingo, Meyer Riegger, Berlin, D.
2016 We Traveled So Far, Rodolphe Janssen, Brussels, B.
2015 Lava (with Lothar Hempel, curated by Timothée Chaillou), Appartment, Paris, F. #2014
Eye away, to a rainbow deep inside, Meyer Riegger, Karlsruhe, D.
Treppenhaus, Berlin, D.
2012 Rotation und Abrieb, Capitain Petzel, Berlin, D.
Ciao Nemi, Annarumma, Naples, I. Wahrnehmungen im Dunkeln, Meyer Riegger, Karlsruhe, D.
2011 EinĂ€uglein DreiĂ€uglein ZweiĂ€uglein, H2 Zentrum fĂŒr Gegenwartskunst (organised by GfG Gesellschaft fĂŒr Gegenwartskunst e.V.), Augsburg, D.
Nihilbilly, Andrew Kreps Gallery, New York, USA.
Hope springs a kernel, The Breeder, Athens, G.
Europa endlich, Landesvertretung Niedersachsen, Berlin, D.
Camel Toe (with Rolf Dereich), Sorry we’re closed, Brussels, B.
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Gruppenausstellungen (Auswahl)

2018 Wanderland. Eine Reise durch die Geschichte des Wanderns, Germanisches Nationalmuseum, Nuremberg, D.
Kunstpreis der Böttcherstraße 2018, Kunsthalle Bremen, Bremen, D.
Eros und Thanatos. Werke aus der Sammlung Rusche, Museum Abtei Liesborn, Wadersloh-Liesborn, D.
Root Canal, Amsterdam, NL. 2017 And Then There Were None, Meyer Riegger, Karlsruhe, D.
Monday is a day between Sunday and Tuesday, Tanya Leighton, Berlin, D.
Depuis le Temps (curated by Samuel Gross), Galerie Mezzanin / Karin Handlbauer, Geneva, CH.
2016 Böse Clowns _reloaded, Kunstpalais, Erlangen, D.
Hermann tritt schĂŒchtern herein, Meyer Riegger, Berlin, D.
2015 Gute Kunst? Wollen!, SØR Rusche Sammlung, Auf AEG, NĂŒrnberg, D.
Black Bandits. #LĂŒtzow #Befreiungskriege #Napoleon #Waterloo, Haus am LĂŒtzowplatz, Berlin, D.
New Paintings from Germany, Goethe-Institut Hong Kong, HK. Vietmam Fine Arts Museum, Hanoi, V. Paperworlds. Kinder- und Jugendzeichnungen zeitgenössischer KĂŒnstler, Buchheim Museum, Bernried Masks, Galerie Rodolphe Janssen, Brussels, B.
Eden, German Promises (invited by Armin Böhm), Ornis A. Gallery, Amsterdam, NL. #2014
Mensch und Maschine. Skulpturen am Rheinkilometer 529 (Skulpturen-Triennale Bingen 2014), Bingen, D.
Aus dem Fundus der botanischen Semantik, Cruise & Callas, Berlin, D.
Forever Young, Piasa, Paris, F. P Im Dschungel, KVFM Kunstverein Familie Montez, Frankfurt, D.
Alles Schön und Gut? Gerisch-Stiftung, NeumĂŒnster, D.
Wahrheiten. Zeitgenössische Kunst im Dialog mit alten Meistern. Werke aus der Sammlung SØR Rusche Sammlung Oelde/Berlin, Bayer Kulturhaus, Leverkusen, D.
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