Demian Kern
Collectibles

20.04.—27.05.2023

Über die Ausstellung

Für die aktuelle Ausstellung hat Demian Kern einige Swarovski Figuren der Kollektion „Silver Crystal“ und ein paar Plastikkerzenhalter auf einen Overheadprojektor gelegt und dann die Projektionen der verschiedenen Objekte akribisch genau abgemalt. Was man nun bei „Stylish Beauty 2“ zum Beispiel sieht, ist keine Katze, auch nicht das Bild einer solchen, sondern das Bild der Projektion eines Objekts, das eine Katze darstellen soll. Die Sammlerstücke hat Kern irgendwo in seiner Umgebung aufgelesen, auf der Suche nach Dingen, die selbst schon ein poröses Verhältnis zur Realität haben. Die industrielle Gestaltung von Hund, Katze und Ente sowie der knallbunten Kuchendekoration bezieht sich nicht auf das tatsächliche Aussehen von Tieren oder Blüten, sondern auf ähnlich artifizielle Artefakte, die das Leben ausstaffieren und ein wenig aufhübschen sollen. Swarovski bedient diese Sehnsucht nach einer Glitzerwelt gewinnbringend, hinter der als Nebeneffekt auch die Verwicklung der Firma in den Nationalsozialismus verblasst.

Während das transluzente Material dunkle Schatten auf die Projektionsfläche wirft, bricht das weiße Licht an den scharf geschliffenen Kanten der Kristalle in alle Spektralfarben auf, die auch in die Projektion und folglich in die Bilder übertragen werden. Die Übersetzung von Objekt ins Bild stellt eine deutliche Verschiebung zu den Figuren dar, die kaum wiederzuerkennen sind, weil sie durch das Licht des Overheadprojektors als opake Flächen erscheinen und so eine überraschend graphische Anmutung erhalten. Auch die unbestimmte Tiefe des Lichtraums des Projektors erscheint im Bild als intransparenter mattgrauer Grund. Die Silhouetten, die je nach Lichtdurchlässigkeit der Vorlagen härter oder weicher konturiert sind, kreieren eine eigentümliche Art von Räumlichkeit, die jedoch ganz anders konstruiert ist, als beim kristallinen Ausgangsmaterial.

Die Unschärfe an den Rändern und die prismatischen Lichtreflexe, unterstreichen die Differenz zwischen dreidimensionalem Objekt und flächiger Repräsentation noch einmal mehr, denn sie verzögern, irritieren die Wahrnehmung. Sie lassen die Betrachter:innen über den Moment, in dem man glaubt eine Katze zu erkennen, stolpern, weil die Identifikation mit den Figuren durch die Struktur der bildlichen Repräsentation kontinuierlich unterminiert wird. Stattdessen wird eine gedankliche Bewegung in Gang gesetzt, die zwischen Gegenständlichkeit, Abstraktion, Gestus, Figur und Grund, Fläche und Volumen, Transparenz und Opazität sowie Licht und Schatten hin und her schaltet. Demian Kern untersucht diese Folge bildlicher Modalitäten, wobei er das Verhältnis von Objekt zur Darstellung des Objekts in einen Flow bringt.

Diese irisierende Beweglichkeit steht in einem Spannungsverhältnis zu den stillgestellten, eingefrorenen Situationen, die die Schattenwürfe der flüchtigen Arrangements festhalten. Die in einer Art Niemandsland zusammengewürfelten statischen Figürchen werden in der Rezeption durch die Abfolge von Gruppenszene und Close-Ups animiert. Die Arbeiten verbinden sich jedoch nicht nur über die vermeintliche Narration, sondern ebenso über konzeptuelle malerische Kategorien. Darauf zielt auch das einzige Bild, das in der Konstellation der Ausstellung mehrfach aus dem Rahmen fällt: ein monochromes Gemälde, das keine Wiedergabe von etwas darstellt, sondern reine Bilderfindung ist. Hier wird noch einmal das Malerische im Unterschied zur Vorlage aufgerufen. Die grüne Leinwand bietet eine leere Projektionsfläche für imaginäre Nachbilder der gesehenen Formen. Sie stellt einen Bruch dar, aber zugleich bestätigt sie die konsequente Logik der Untersuchungen des Bildlichen.

Anette Freudenberger 2023


Demian Kern lebt und arbeitet in Wien. Er studierte an der Kunsthochschule Berlin Weissensee bei Ralf Ziervogel und Nine Budde und am Art Center Pasadena bei Stan Douglas, Laura Owens und Bruce Hainley.


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