Sebastian Koch
immernochts

13.03.—23.04.2025

Über die Ausstellung

samtgazewarm

ums kniefell

gehuscht

abermuls

schwarzluft

von

treppeneck

und

granitstrickschleppe

zehenspitzt

buttermilchgleich gelegt

und

sich mit

bühnenwachsrußgeruch

den schnabel

reibend

zen

elgzwölg

ein möglicher wurf

(Sebastian Koch)

In der aktuellen Ausstellung immernochts in der Galerie Krobath, Wien, erkundet Sebastian Koch (*1986, Vorarlberg) die Schnittstellen von Malerei, Skulptur und Graphik und präsentiert hybride Bildobjekte aus Leinwand und Holz. Der Künstler versteht seine Arbeiten als Raumwerdungen, in denen Materialität und Form sich in einem dynamischen Prozess gleichwertig gegenüberstehen.


In seiner Praxis bedient sich Koch einer klaren, eigenständigen Formensprache, die durch das präzise Ausformulieren der Linie auf der Leinwand zum Ausdruck kommt. Sein Werk greift auf das Vokabular der geometrischen Abstraktion des 20. Jahrhunderts zurück und öffnet zugleich neue Dimensionen der Formgebung, die über konventionelle Visualisierungsstrategien hinausweisen. Während frühere Arbeiten von einer Dominanz linearer Strukturen geprägt waren, verschiebt sich der Fokus in seinen jüngsten Werken hin zur Fläche, zu Überlagerungen und der subtilen Durchdringung von Farbschichten. Der Bilduntergrund erscheint nur vordergründig monochrom—vielmehr oszilliert er in changierenden Nuancen, die eine visuelle Tiefe suggerieren und mit den darauf gelegten Liniengefügen in ein fein ausbalanciertes Spannungsverhältnis treten.



Die Arbeiten der Ausstellung zeugen von einem reflektierten, zugleich humorvollen Umgang mit kunsthistorischen Referenzen und einer offenen, spielerischen Aneignung. Koch greift auf Positionen wie Hans Arp oder Sophie Taeuber-Arp zurück, deren organisch-dynamische Formensprache Bewegung als zentrales Prinzip begreift. Zugleich unterläuft er mit feiner Ironie den kanonisierten „Geniegestus“ der Moderne, wie er sich etwa bei Picasso oder Miró manifestiert. Die Unterschrift erscheint hier sowohl als affirmativer Akt künstlerischer Autorschaft als auch als beiläufige, fast automatisierte Geste—ein Spannungsfeld zwischen Selbstbehauptung und choreographierter Repetition, das sich leitmotivisch durch sein Werk zieht. Auch die Grenzen des Bildes und seine Rahmung geraten in den Blick. Wo endet ein Bild? Ist der Rahmen eine definitive Begrenzung oder lediglich eine weitere formale Setzung? Bedeutet radikaler Minimalismus eine konsequente Reduktion—oder erweist er sich als Umweg zurück zur Gestaltung? Indem Koch diese Fragen bewusst offenlässt, verweigert er sich einer eindeutigen Zuordnung und eröffnet stattdessen einen Raum für kritische Reflexion.



Die Auseinandersetzung mit Materialität ist dabei essenziell: Das mit Schellack überzogene und gebeizte Sperrholz durchläuft eine subtile materielle Intervention, die seine Wahrnehmung verschiebt und eine neue ästhetische sowie konzeptuelle Wertigkeit generiert. So entsteht ein vielschichtiger Dialog zwischen gestischer Malerei und präziser Komposition, zwischen industriell anmutenden Werkstoffen und einer feinfühligen künstlerischen Handschrift. Kochs Arbeiten hinterfragen dabei die Grenzen des künstlerischen Eingriffs: Wo beginnt Kunst, und wann bleibt ein Prozess ephemer, beiläufig? Welche Rolle spielt das Ornamentale oder das Flüchtige—etwa die unbewusste Kritzelei als Teil einer ernstzunehmenden Formsuche? Indem Koch konstruktive Prinzipien mit malerischen Elementen verschränkt, entstehen Objekte, die zwischen Bildträger und Raumkörper oszillieren. In diesem Spannungsfeld untersucht er nicht nur die Grenze zwischen Fläche und Volumen, sondern auch die Möglichkeit, Bildräume als dynamische Denkprozesse zu begreifen.



Die Collage erscheint dabei nicht nur als visuelles, sondern auch als sprachliches Verfahren: Sprachfragmente werden kombiniert, verfremdet und als atmosphärische Setzungen ins Werk integriert. Koch bewegt sich in einem Spannungsfeld zwischen Spontaneität und kompositorischem Kalkül, zwischen intuitiver Geste und bewusster Setzung. Kunst ist hier weder politisches oder religiöses Manifest noch rein intellektuelle Konstruktion, sondern eine existenzielle Handlung—ein Prozess, der sich zwischen intuitivem Handeln und Struktur, Reflexion und Unmittelbarkeit immer wieder neu formt.



(Text: Livia Klein)



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