curated by 24hdrop. - Annabell Häfner, Martin Kacmarek, Jochen Mühlenbrink  
Kabinett Showroom - What are we looking for when time stands still ?

05.04.—03.05.2024

Über die Ausstellung

Einatmen. Ausatmen. Innehalten.

Meditationsmantras sind spätestens seit dem Jahr 2021 zu spirituellen Leitfäden geworden, die uns angesichts der überwältigenden Beschleunigung des gegenwärtigen Lebensalltags zur Ruhe zwingen. Damit scheint gerade jetzt auch die Strömung des New Age Healing an Bedeutung zu gewinnen, wo im Gegensatz zu den Leitbegriffen der Moderne – Akkumulation, Mobilität und Schnelligkeit – das aufkeimende Bedürfnis nach Selbstfürsorge, Achtsamkeit, und Eskapismus im Vordergrund stehen. Introspektion und Meditation nach den Lehren Marc Aurels statt zügellose Exzesse und Fremdbestimmung. In Anbetracht des Weltzustands durchdringt eine Sehnsucht nach Nostalgiebildern und Rückzugsorten unser kollektives Bewusstsein. Stillstand schenkt Zeit. Oder nicht?

Die von 24hdrop kuratierte Ausstellung „What are we looking for when time stands still?“ widmet sich anhand der Arbeiten von Annabell Häfner, Martin Kacmarek und Jochen Mühlenbrink der Frage nach jenen kontemplativen Zwischenzuständen, die aber nicht zuletzt auch eine fatale Lähmung bedeuten können. Denn gerade eine gesunde Skepsis gegenüber dem Stillstand scheint durchaus wichtig: Für die einen eine willkommene Atempause, für die anderen ein ewig anhaltender Groundhog Day. Vergangenheit und Zukunft verschmelzen zu einer Endlosschleife, aus der es angesichts veralteter Machtverhältnisse keinen Ausweg zu geben scheint.

Esoterische Farbspiele und verschwommene Formen kennzeichnen Annabell Häfners Bilder, in denen Strukturen verschwinden und transparente Visionen von Nicht-Orten entstehen. Ihre atmosphärischen Gemälde existieren als Orte des Transits: Hotels, Flughäfen, Bahnhöfe und Wartehallen, die sich in einem ständigen Wechselspiel von flüchtigem Kommen und Gehen befinden. Ausgehend von intimen Erinnerungen schafft sie Sehnsuchtsorte, an denen die Zeit still steht, um für einen kurzen Moment der Hektik des Lebens zu entfliehen.

Jochen Mühlenbrink greift nostalgische Szenen auf, die wir noch aus unserer Kindheit kennen: Das Malen auf Fensterscheiben bei Regenwetter während endlos langer Autofahrten. Landschaften, die einst sichtbar waren, verschwinden allmählich im Nebel der Scheiben. Mühlenbrink ist ein Eskapist, der in seinen Bildern mit der Trompe-l’œil-Technik Phantasie und Realität malerisch verbindet und durch den illusionistischen Effekt unendlich neue Weiten entstehen lässt, wo Zeit und Raum kollidieren.

Mit seinen Bildern entführt uns Martin Kacmarek in eine vergangene Malerei, in eine ländliche Umgebung, in der die Zeit still zu stehen scheint und die ewige Ausdauer, die das bäuerliche Leben erfordert, zum Vorschein kommt. Müde wirken die Protagonistinnen bei der Arbeit oder in der Pause, dennoch kraftvoll und stolz. Kacmarek hüllt die Leinwand in eine fast düstere Atmosphäre, die zugleich an den Beginn und das Ende eines anstrengenden Arbeitstages erinnert. Die Airbrush-Technik verleiht den Bildern fast fotografische Qualitäten, während andere Details übertrieben grotesk wirken – in Anspielung auf Videospiele. Im scheinbar unausweichlichen, ewig gleichen Alltag gelingt es Kacmarek, die Schönheit des Lebens, die sich in flüchtigen Gesten verbirgt, auf die Leinwand zu bringen.

Text: Oona Zyman

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