Elisa Alberti | Michael Bauch | Theresa Eipeldauer | Sebastian Koch | Fritz Panzer

15.04.—03.06.2021

Über die Ausstellung

ELISA ALBERTI
1992 geboren in Kiel (D), aufgewachsen in Bruneck (IT). Lebt und arbeitet in Wien, (A).

Meine Malerei ist die Vermittlung eines Zustandes“, sagt Elisa Alberti.Die Bilder der Wiener KĂŒnstlerin mit deutschen und italienischen Wurzeln bestimmen einfache geometrische Formen und sanfte, monochrome FlĂ€chen. Innerhalb weniger Jahre ist es Alberti gelungen, eine unverkennbare Bildsprache zu entwickeln. Das reduzierte Formenvokabular und der stimmige Farbklang, die geschwungenen FlĂ€chen und weichen Rundungen sind stringent ausgefĂŒhrt und von einer konsequenten malerischen Grundhaltung geprĂ€gt. Umgesetzt sind die Arbeiten in Acryl und Lack auf Leinwand oder Holz als BildtrĂ€ger; neben großen, finden sich auch seriell anmutende, kleine Formate. Immer wieder gestaltet Alberti auch raumgreifende Installationen, um experimentierfreudig wie selbstbewusst FlĂ€che und Raum, Zwei- und DreidimensionalitĂ€t zueinander in Dialog zu setzen. Die spezifische geometrische Anordnung von FarbflĂ€chen und die daraus resultierende Ästhetik lĂ€sst natĂŒrlich an Werke der konkreten Kunst denken, einer Strömung, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Chance eines kĂŒnstlerischen Neuanfangs wagt. Konstruktive, konkrete KĂŒnstler*innen lehnen die figurativen Tendenzen des österreichischen Expressionismus ab und folgen einem Kunstbegriff, der auf Linien, FlĂ€chen und Farben basiert und meist ein klares geometrisches Prinzip vertritt. Marc Adrian, Richard Kriesche oder Helga Philipp rĂŒcken die Frage nach einer neuen Rolle des Betrachtenden und seiner Wahrnehmung in den Mittelpunkt und untersuchen die Beschaffenheiten von kĂŒnstlerischen OberflĂ€chen und Strukturen. In der „Neo Geo“-Bewegung („Neue Geometrie“) der 1980er Jahre werden diese Fragen, etwa von Dora Maurer und Gerwald Rockenschaub, wieder aufgegriffen. Die Neo-Geos setzen der wilden, schnellen und figurativen Malerei der „Jungen Wilden“ bewusst streng geometri- sche Formen in farbigen Farbfeldern entgegen. Gleichzeitig zeigt sich, dass das gemeinsame Interesse an neuen gestalterischen Elementen in der Geometrie, in der Raumerfahrung, in deren Wahrnehmung zu ganz unterschiedlichen kĂŒnstlerischen Strategien fĂŒhren kann.
Aus: GĂŒnther Oberhollenzer „Elisa Alberti. Von der Möglichkeit der einfachen Form“, 2021.


MICHAEL BAUCH
1951 geboren in Hamburg (D). Lebt und arbeitet in Hamburg (D).

Michael Bauchs Malereien bezeichnen einen Vorgang zur Form. Seine Bilder sind Konzentrationen einer Praxis mit dem Material, hier mit Leinwand, Grundierung und Farbe, an der Bauch sein VerstĂ€ndnis des Malerischen seit Mitte der 1980er verschĂ€rft. Und wie auch immer objekthaft seine Arbeiten ihren BetrachterInnen gegenĂŒbertreten, die Spezifik die hier gesucht wird ist eine Malerische. Und doch ist Bauchs Prinzip nicht das der Komposition, sondern das der Aktion, einer praktischen AnnĂ€herung an die Leinwand, die sie in ersten Arbeitsschritten mit scheinbar zufĂ€lligen, sich wiederholenden zeichnerischen Bewegungen umreißt, um in ihnen Formen aufzufinden, auszuarbeiten und zu klĂ€ren. Die intensive Farbigkeit die Bauch im Verlauf dieser Ausarbeitung seinen Bildern gibt bezeichnet hierbei einen weiteren Differenzierungsschritt in diesem fortschreitenden Prozess der Materialisierung.
Die Geschichte in Bauchs Malereien ist kein connaisseurhafter Referentialismus, eher schon ein Abdruck der Historie des Sehens. Hier sind es Anmutungen der 1950er ebenso wie der 80er, Formen des Abstrakten Expressionismus oder der frĂŒhen britischen Pop Art, die hier ohne gestische MonumentalitĂ€t oder informelle Tragik zurĂŒckkehren. Man beginnt sich zu fragen, ob auch das Jetzt eine eigene Farbigkeit und Form besitzt, ob sie vielleicht in eben diesen Überschneidungen der Zeiten liegt, aus deren fortlaufender Wiederholung, Aktualisierung und Verschiebung sich die Gegenwartskunst zusammensetzt – oder ob sie erst in Retrospekt sichtbar in den Vordergrund treten wird, herausgearbeitet, wie hier, in Bauchs malerischer Arbeit am Material, in einer Art offenen Kunstgeschichte des malerischen Blicks. Bauch malt das Malen als eine kĂŒnstlerische Arbeit am Material.
Aus: Pressetext zur Ausstellung, Kobath Wien, 2012.


THERESA EIPELDAUER
1985 geboren in Wien (A). Lebt und arbeitet in Wien, A.

Eipeldauer hat ĂŒber ihr Lithographiestudium in Paris eine langjĂ€hrige Auseinandersetzung mit Druckgrafik begonnen. Die heutigen Werke entstehen aus der Zeichnung: Scribbles aus Prozessen der Écriture Automatique werden einem digitalen Prozess des Scannens und Glitchens ausgesetzt, und am Computer gefiltert, transformiert und kompositorisch in Beziehung gesetzt. Eine erneute Auswahl davon wird durch Siebdruck auf zuvor bemalte LeinwĂ€nde angebracht. Durch den manuellen Anstrich des Grundes nĂ€hert sich Eipeldauer klassischen Malereivorstellungen, die sie allerdings durch die darauffolgende Verneinung des Pinsels eher umleitet als berĂŒhrt: der Pigmentauftrag geschieht indirekt, ĂŒber Sieb und Rakel.
Eipeldauer bietet einen poetischen Umgang mit VisualitĂ€ten: sie baut Spannungen (“Vibrationen”) auf, indem sie formale Eigenschaften abtastet, variiert und gegenĂŒberstellt. Sie fokussiert und multipliziert die Linie, wodurch DreidimensionalitĂ€t suggeriert wird. Überlappungen bringen Teile des Bildes zum Flimmern; Kontraste und Wiederholungen dienen zur Kreierung von RĂ€umen oder Objekten. Die Werke nutzen hĂ€ufig die VisualitĂ€t von Schrift, von Sprache. Typografische Schwingungen bauen Gebilde und UnrĂ€ume, die sprachlich nicht stattfinden könnten. Letztlich fĂŒhrt das formale Spiel zu visueller Ambivalenz, zu Andeutungen und offenen Interpretierbarkeiten.
FĂŒr Eipeldauer bedeutet Bildkomposition vor allem das Arrangieren von VorfĂ€llen (“arrangement of incidents”, dessen Akronym der Ausstellungstitel ist). Zweifel sind hierbei Antrieb der kĂŒnstlerischen Auseinandersetzung, deren Entscheidungen sowohl emotional als auch formal getroffen werden: Platzierung des Drucks, Wahl der TrĂ€gerflĂ€che, der Grundierungsschichten und Pigmente. Farbeigenschaften. So erarbeitet sich Eipeldauer eine MaterialsensibilitĂ€t, die das ursprĂŒngliche Wesen von Malerei berĂŒhrt: Was ist Malerei. Und was ist sie fĂŒr mich?
Aus: Christian Bazant-Hegemark, „Theresa Eipeldauer, A /O /I, Krobath Wien, 2018.



SEBASTIAN KOCH
1986 geboren in Vorarlberg (A). Lebt und arbeitet in Wien, (A).

Es liegt ein ganz offensichtlicher ernsthafter Witz in den Bildern Sebastian Kochs, der durch das Ausformulieren der Linie auf der Leinwand zum Ausdruck kommt. Eine gemalte FlĂ€che wird durch eine Linie gestört, die Linie scheint nur soweit formuliert, bis es zu einem Dialog zwischen FlĂ€che, Linie und Bildraum kommt. Koch betreibt dieses Spiel solange, bis diese LiniengefĂŒge zu Assoziationen mit etwas außerhalb des Bildes liegenden anregen. Die Linien werden zu Zeichen, die wir nicht eindeutig zuordnen können. Aber eine leise Ahnung hat jeder Betrachter, sie reift nur nicht zu einer konkreten Form in unserer Vorstellung, obwohl die Linie eine ganz konkrete Form annimmt.
Bei Sebastian Koch handelt es sich nicht um eine reduktionistische Malerei, um das Abstrahieren von Formen aus einer gegebenen Vorlage heraus. Sie reprĂ€sentiert nicht das Sich-Abarbeiten an einer Vorlage, egal ob diese Vorlage nun die nun Natur oder Kunst wĂ€re. Sie ist aber auch kein stĂ€ndiges Erproben der malerischen Mittel um ihrer selbst willen. Koch behandelt alles als Material, daraus resultiert wiederum ein spielerischer Umgang. Er unterscheidet nicht zwischen bildnerischem Material, Ideenmaterial, oder dem tatsĂ€chlichen Material, aus dem Malerei (und die moderne Plastik!) entsteht, nĂ€mlich aus Farbe, Holz, Rahmen, Leinwand etc. Dass er sich immer auch mit Kunst auseinandersetzen muss ist dabei klar. Denn sobald er nur den geringsten Eingriff ins Material der Malerei setzt, beginnt das Spiel und die BĂŒrde der ReprĂ€sentation. Malerei und sein Diskurs sind dafĂŒr seit dem beginnenden 20. Jahrhundert elaboriert genug um neue AngriffsflĂ€chen zu bieten. Man spĂŒrt die Lust an der Auseinandersetzung bei Koch, die nicht bei der Kunst endet und im Titel der Ausstellung ebenfalls zum Ausdruck kommt.
Aus: Harald Krejci „Sebastian Koch. „schlingfiester“, Krobath Wien 2020.


FRITZ PANZER
1945 geboren in Judenburg (A). Lebt und arbeitet in Wien, (A).

Die Arbeiten von Fritz Panzer rekurrieren auf Momente des Alltags, aus dem GegenstĂ€nde entnommen werden, die sich in Folge in abstrahierter Weise in Zeichnung, Malerei und Skulptur wiederfinden. Die Umrisse der einzelnen Objekte werden auf das Wesentlichste reduziert, wobei sich in Panzers Werk der letzten Jahre unterschiedliche Grade der Abstraktion festmachen lassen und gewisse Formen manchmal nur mehr angedeutet werden. Als signifikant fĂŒr Panzers Werk gelten seit ĂŒber einem Jahrzehnt jene Drahtskulpturen, die an Environments der 1960er Jahre angelehnt sind. Als Raum-Environment fĂŒgen sich Zeichnung, Malerei und Objekte in einen Gesamtkomplex der Auseinandersetzung mit dreidimensionalen Strukturen und der Definition von RĂ€umlichkeit in medial unterschiedlichen Abstraktionsebenen.
Seine Malereien evozieren eine komplette Abstraktion hinsichtlich der dargestellten Objekte. Als unterscheidendes Moment zwischen Panzers Zeichnungen und Malereien gilt die Tatsache, dass in den Malereien immer wieder auch Farbe in den Vordergrund tritt, wĂ€hrend die Bleistiftzeichnungen einem rein abstrakten Schwarz-weiß Schema unterliegen. Die FlĂ€chigkeit des Farbauftrags in den Malereien fĂŒhrt zu geometrisch abstrakten Farbebenen, bei denen die RealitĂ€t des Dargestellten in den Hintergrund tritt und die GegenstĂ€ndlichkeit der Objekte nur als ephemere Strukturen wahrnehmbar werden. Die LinearitĂ€t der Bleistiftzeichnungen nimmt im Vergleich zu den Malereien direkten Bezug zu den Drahtskulpturen, da ihr Duktus jenem der DrahtfĂŒhrung entspricht und sich durch den minimalen Einsatz der schwarzen Strich- und LinienfĂŒhrung auf weißem (Hinter)Grund gleichzeitig eine rĂ€umliche Komponente einstellt.
Aus: Walter Seidl, Pressetext zu Fritz Panzer, Krobath Wien, 2014.

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